Wieso ist Ahnenarbeit eigentlich immer noch „Woo-Woo“?

Seit 15 Jahren mache ich Ahnenarbeit und seit 15 Jahren begegne ich immer wieder Menschen, die davon ausgehen, dass Ahnenarbeit eine irgendwie daher geholte Spiri-Idee ist.

Und erst ganz langsam ändert sich die Perspektive auf Ahnenarbeit.

Zu verdanken haben wir das der Epigenetik. Einem relativ jungen Wissenschaftszweig, der in den 1940er durch die Zusammenführung der Begriffe Epigenese und Genetik durch den Entwicklungsgenetiker Conrad Hal Warrington quasi seine Entstehung fand.

Doch woran liegt es, dass es immer noch so viele Menschen gibt, die Ahnenarbeit als Hokus Pokus abtun?

Das ist eine gute Frage, ich möchte sie hier beantworten. Denn teilweise liegt es gar nicht mal an uns selbst, sondern an dem kulturellen Kontext, in dem wir uns befinden.

1. Historische Vorurteile und Missverständnisse

Ahnenarbeit wird oft mit spirituellen oder religiösen Praktiken in Verbindung gebracht, die in vielen westlichen Kulturen als unwissenschaftlich oder irrational betrachtet wurden und teilweise immer noch werden.

Rituale und Zeremonien, die die Ahnen ehren oder ihre Weisheit suchen, wurden als archaisch oder primitiv angesehen, obwohl diese über den ganzen Globus verteilt sind (beispielsweise die Ahnen-Altare in Thailand oder der Dia de los Muertos in Mexiko). Diese historischen Vorurteile haben dazu beigetragen, Ahnenarbeit in eine Schublade zu stecken, in die sie eigentlich nicht gehört

2. Die Natur der Wissenschaft

Die Epigenetik hat nachweisbar gezeigt, dass die Erfahrungen unserer Vorfahren Spuren in unserem genetischen Code hinterlassen können. Traumata, Ernährung und Umweltbedingungen können die Genexpression verändern und diese Veränderungen können an nachfolgende Generationen weitergegeben werden.

Die Wissenschaft neigt jedoch dazu, nur das zu akzeptieren, was exakt messbar und immer wiederholbar ist.

Ahnenarbeit, die oft auf persönlichen Erfahrungen, der individuellen Linie und subjektiven Erkenntnissen basiert, passt dabei nicht so richtig in dieses enge Raster. Und dass, obwohl es mehr und mehr Beweise aus der Epigenetik gibt, dass Erlebnisse und Traumata unserer Vorfahren unsere genetische Expression beeinflussen.

3. Persönliche Anwendungsbeispiele 

So wie die Epigenetik mit vielen Studien eine wissenschaftliche Grundlage dafür bietet, dass die Geschichten und Erlebnisse unserer Ahnen tatsächlich unser heutiges Leben beeinflussen können, gibt es auch zahlreiche Anwendungsbeispiele, die die Wirksamkeit der Ahnenarbeit unterstützen.

Menschen berichten von tiefgreifenden Heilungserfahrungen, emotionalen Durchbrüchen, tiefgreifenden Lebensveränderungen und einem besseren Selbstverständnis nach der Arbeit mit ihren Ahnen. Diese Berichte sind jedoch oft persönlich und schwer zu standardisieren, was es schwierig macht, sie in einem wissenschaftlichen Kontext zu validieren. Und damit dafür sorg, dass diese soliden und nachweisbaren Veränderungen als „woo-woo“ abgetan werden.

4. Religiöse Ansichten

Das Christentum hat unsere Sicht der Welt in den letzten gut 1200 Jahren markanter geprägt, als uns zeitweilig bewusst ist. So auch im Hinblick auf die Ahnen und Ahnenarbeit als solches. Denn: die Ahnen stellten die größte Konkurrenz zum christlichen Gott dar. Solange wir mit den Ahnen verbunden waren, waren wir auch mit der Erde verbunden und strebten nicht nach einem „ewigen Paradies“ oder „dem Himmel“ in dem alles besser sei. Daher musste unsere Ahnenkultur weichen und ein neues Weltbild her: die Vorstellung das dieses Leben nicht gut genug ist, sondern dass es noch was Besseres geben muss.

Dies sitzt mittlerweile so tief in uns, dass selbst wenn wir nicht mehr an den Himmel glauben, wir dennoch an die ewige Option von Optimierung glauben und nach besserem streben.

Ahnenarbeit bringt uns ins hier und jetzt und zeigt, dass wir uns nicht optimieren müssen. Damit steht sie für eine grundsätzlich andere Sicht auf die Welt. Es ist leichter diese als „woo woo“ abzutun, als sich mit dem Ursprung und dem damit verbundenen Ahnenschmerz auseinanderzusetzen. 

5. Der kulturelle Kontext

Ahnenarbeit hat in vielen Kulturen tief verwurzelte Traditionen. In indigenen Gemeinschaften, afrikanischen und asiatischen Kulturen ist die Verehrung der Ahnen und die Arbeit mit ihrer Energie ein selbstverständlicher Teil des Lebens. In westlichen Gesellschaften hingegen, die stark von Rationalismus und Materialismus geprägt sind, wird diese Praxis oft als abergläubisch oder irrational abgetan. Dieser kulturelle Kontext prägt auch die aktuelle Wahrnehmung der Ahnenarbeit in Europa. Obwohl diese eine Praxis unserer eigenen Ahnen ist und bei uns genauso alltäglich war, wie in den anderen Kulturen. 

Ich glaube es ist zentral zu erkennen, dass Wissenschaft und Weisheit nicht im Widerspruch zueinanderstehen müssen.

So schrieb Rupert Sheldrake schon 2018 ein Buch, in dem er die wissenschaftlichen Grundlagen von 7 spirituellen Praktiken erläutert. Er fokussiert sich dabei auf Meditation, Gebet, Ritual, Musik und Tanz; ob die Verbindung mit der Natur, Pilgerreisen und das Prinzip Dankbarkeit.

Die Erkenntnisse der Epigenetik und zahlreiche positive Anwendungsbeispiele bieten eine solide Grundlage dafür, diese Praxis ernst zu nehmen.

Es ist wichtig, die Erfahrungen und Erzählungen derjenigen zu respektieren und anzuerkennen, die von der Ahnenarbeit profitieren, während gleichzeitig wissenschaftliche Forschung betrieben wird, um diese Phänomene weiter zu erforschen und diejenigen abzuholen, die noch nicht überzeugt sind.

Es liegt an uns, Brücken zu bauen zwischen Wissenschaft und spiritueller Praxis, um ein tieferes Verständnis für die heilenden Kräfte unserer Vorfahren zu entwickeln.

Wenn wir beginnen, die Weisheit unserer Vorfahren zu ehren und die Wissenschaft als Tool betrachten, welches die uralte Weisheit bestätigt, dann können wir eine Zukunft gestalten, die sowohl auf den Schultern der Vergangenheit als auch auf den Erkenntnissen der Gegenwart aufbaut. 

Lasst uns gemeinsam den Schleier des „Woo-Woo“ lüften und die transformative Kraft der Ahnenarbeit in unser Leben integrieren.

Lineage Liberation Practicioner Ausbildung

Oktober 2024 – März 2025

6 Monate | 100 Stunden | Online & Offline